Volksblatt, Würzburg, 6. Februar 2006
Student beleidigt Moritz Kracht im Internet mit derben Sprüchen
Der Titel spricht für sich: "Läster-Web-Log" nannte der Lehramtsstudent aus Würzburg sein persönliches Tagebuch im Internet. Dem aktuellen Online-Trend folgend, gibt er darin unter einem Pseudonym seit acht Monaten mehr oder weniger interessante Begebenheiten aus seinem Privatleben zum Besten und kommentiert aktuelle Ereignisse. So auch in der heißen Phase des Bundestags-Wahlkampfs im vergangenen August. In einem Eintrag auf seiner Homepage beschäftigte sich der 27-Jährige mit den Wahlplakaten der FDP und deren Würzburger Bundestags-Kandidaten Moritz Kracht. Dabei vergriff sich der "Blogger" allerdings erheblich im Ton und sorgte dadurch für Unmut beim Kandidaten der Liberalen: Kracht stieß offenbar beim Surfen im Internet selbst auf das frei zugängliche "Läster-Weblog", fand die derben und ehrverletzenden Äußerungen des Studenten alles andere als lustig und erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung. "Es war keine böse Absicht dabei, ich kenne Moritz Kracht gar nicht persönlich", beteuerte jetzt der Student vor dem Amtsgericht. Die genaue Internet-Adresse seines Web-Logs habe er nur an einige wenige Bekannte weitergegeben, andere Leute sollten seine Kommentare gar nicht lesen. Was er dabei nicht bedachte: Seine Internet-Seite war und ist über die Suchmaschine "Google" für jedermann ganz schnell zu finden. "Das war mir gar nicht bewusst", so der Angeklagte. Weil er als angehender Lehrer einen Eintrag in seinem Strafregister nicht gebrauchen kann, legte er Einspruch gegen den Strafbefehl ein, mit dem er zu 40 Tagessätzen zu je 10 Euro (400 Euro) Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt worden war. Nach der Veröffentlichung seiner Kommentare hatte der 27-Jährige bereits eine Abmahnung und Unterlassungserklärung erhalten, die ihn 600 Euro gekostet hat. Daraufhin löschte er die beanstandeten Passagen und wechselte den Provider seines Web-Logs, das unter anderem Titel weiterhin im weltweiten Datennetz zu finden ist. Außerdem habe er mehrmals erfolglos versucht, sich per E-Mail bei Moritz Kracht zu entschuldigen, sagte der Student. Die Richterin zeigte sich gnädig und stellte das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft vorläufig ein. Wenn der 27-Jährige innerhalb von drei Monaten 300 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlt, ist die Sache für ihn erledigt. In seinem Web-Log fehlte bis zum späten Montagnachmittag übrigens ein Artikel über den Strafprozess. Offenbar ist der Student aus Erfahrung klug geworden: "Ganz bestimmt werde ich mich nicht zu diesem Thema äußern", hat er dort nur geschrieben.
Von unserem Gerichtsreporter patrick wötzel